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Glutenunverträglichkeit – bei Kindern und Erwachsenen

Eine Gluten-Unverträglichkeit bereits im Kindesalter wird als Zöliakie bezeichnet, bei Auftreten im Erwachsenenalter heißt sie Sprue. Wir verwenden hier den Begriff Zöliakie. Nach offiziellen Statistiken leidet nur einer von 800 Deutschen unter Zöliakie, laut Schätzungen ist jedoch tatsächlich jeder 200ste bis 300ste davon betroffen. Der Unterschied rührt daher, dass Zöliakie-Patienten mit schwächer ausgeprägten Beschwerden nicht als solche erkannt werden. Insgesamt gibt es in Deutschland ca. 270.000 bis 400.000 Menschen mit Zöliakie.

Unter Zöliakie versteht man eine Unverträglichkeit gegenüber dem Eiweiß Gluten, das in fast allen Getreidearten vorkommt und aufgrund seiner bindenden Eigenschaften in Mehlteigen auch als Binde- oder Klebereiweiß bezeichnet wird. Bei einer Unverträglichkeit schädigen schon kleine Mengen Gluten den Dünndarm und verursachen in der Folge Beschwerden wie Verdauungsstörungen, Appetitlosigkeit, Untergewicht, mangelnde Leistungsfähigkeit, Immunschwäche oder seelische Störungen.

Bei Verdacht auf Zöliakie empfiehlt sich ein Bluttest, bei dem bestimmte Antikörper als Indiz für Zölaikie gefunden werden können. Zur einfacheren Diagnostik bei Kindern lassen sich die Antikörper auch über eine Stuhlprobe nachweisen. Durch die Untersuchung einer Gewebeprobe aus dem Dünndarm (Biopsie) ist Zöliakie mit sehr großer Sicherheit belegbar. Alle Diagnoseverfahren eignen sich allerdings nur, wenn zuvor keine glutunfreie Diät eingehalten wurde. Das sofortige Abklingen der Symptome bei einer glutenfreien Ernährung ist jedoch ein sicheres Zeichen dafür, dass man diese Ernährungsweise auch in Zukunft beibehalten sollte.

Für ein beschwerdefreies Leben ist leider ist der konsequente Verzicht auf glutenhaltige Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Grünkern, Triticale und Wildreis nicht ausreichend, weil Gluten als Bindemittel oder Träger von Geschmacksstoffen in so gut wie jedem industriellen Lebensmittel vorkommen kann

Symptome einer Zölakie

Der Dünndarm ist ein 4 Meter langes, schlauchartiges Organ und für die Aufnahme der  Nährstoffe aus der Nahrung zuständig. Dies erfolgt über Falten und tropfenartige Ausstülpungen, die mit kleinen Flimmerhärchen (Darmzotten) besetzt sind. Aufgrund dieser Struktur hat ein gesunder Dünndarm die Gesamtoberfläche von der Größe eines Fußballfeldes.

Bei Zöliakie verursacht das Gluten eine Schädigung dieser Zotten und verkleinert so nach und nach die Darmoberfläche. Die Folge ist eine mangelhafte Nahrungs- und Nährstoffaufnahme mit sehr unterschiedlichen Folgen. Die vielfältigen Symptome treten bei jedem Zöliakie-Patienten in anderer Kombination und Intensität auf. Deshalb wird die Krankheit bei weniger stark ausgeprägten Beschwerden häufig gar nicht erkannt. Wichtig ist: Alle Symptome und Beschwerden klingen sofort ab, wenn der Konsum von Gluten vollständig vermieden wird.

Typische Symptome bei Kindern

  • ständige Appetitlosigkeit
  • Ablehnung bestimmter, vor allem getreidehaltiger Nahrungsmittel
  • verzögerte Entwicklung
  • ständige Blässe
  • Untergewicht
  • Blutarmut
  • Muskelschwäche, geringe Ausdauer
  • häufige Gliederschmerzen
  • starke Schweißbildung
  • Durchfälle und Verdauungsstörungen (dauerhaft oder in Schüben)
  • harter Blähbauch
  • Blähungen
  • übel riechender gelblicher Stuhl
  • häufiges Erbrechen
  • Konzentrationsstörungen
  • Verhaltensstörungen (z. B. extreme Weinerlichkeit oder ständige schlechte Laune)
  • Verstärkung der Symptome bei heißem Wetter

Typische Symptome bei Erwachsenen

  • geblähter Bauch, vor allem nach dem Essen (teilweise schmerzhaft)
  • Blähungen
  • häufiger Durchfall (oft extrem übelriechend)
  • Fett im Stuhlgang
  • Untergewicht
  • unerklärliche Abneigungen gegen getreidehaltige Kost
  • Wassereinlagerungen an verschiedenen Körperstellen
  • Blutarmut, Eisenmangel
  • Knochen- und Gliederschmerzen
  • Zahnprobleme bis hin zur Zerstörung des Gebisses
  • schwaches Immunsystem, Infektanfälligkeit
  • häufige Hautkrankheiten
  • ständiges Jucken verschiedenster Körperstellen
  • Kraftlosigkeit
  • migräneartige Kopfschmerzen
  • ständige Müdigkeit (selbst nach einem langen Schlaf)
  • geringe körperliche und geistige Ausdauer
  • Konzentrationsstörungen und Leistungsunfähigkeit
  • Depressionen und Mutlosigkeit
  • Verhaltensstörungen, die bei dauerhaftem Glutenkonsum ständig extremer werden

Die Listen erheben trotz der angeführten Vielfalt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Ursachen der Zöliakie

Die Entstehung der Zöliakie ist noch nicht vollständig erforscht. Heute weiß man, dass eine der Ursachen für die Gluten-Unverträglichkeit auf den HLA-Genen im Chromosom Nr.6 liegt. Diese Gene sind für die Kontrolle der Immunreaktion des Körpers zuständig. Wahrscheinlich spielen noch weitere Gene eine wichtige Rolle bei der Zöliakie. Es gibt Vermutungen, dass das Gluten-Eiweiß aufgrund einer erhöhten Immunreaktion oder eines fehlenden Enzyms nicht richtig gespalten werden kann.

Zölikie gilt als genetisch bedingte Autoimmunerkrankung, die mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 10% bis 15% vererbt wird. Bei einer Vererbung muss die Krankheit allerdings nicht zwangsläufig ausbrechen. Es ist es auch möglich, dass lediglich die Antikörper gebildet werden, eine Zerstörung des Dünndarms jedoch ausbleibt. Zöliakie ist derzeit nicht heilbar. Durch eine Umstellung der Ernährung können zwar die Symptome der Krankheit vermieden werden, die Ursachen der Krankheit bleiben jedoch bestehen.

Ernährung bei Zöliakie

Durch eine fortwährende glutenfreie Ernährung lassen sich schwerwiegende Folgen vermeiden. Zöliakiebetroffene haben zum Beispiel ein 10-fach höheres Risiko für Dünndarm- und Speiseröhrenkrebs. Erst nach fünf Jahren strenger Diät ohne Pannen und Ausrutscher normalisiert sich das Krebsrisiko wieder.

Auch Depressionen und Apathie wurden als Folge von Glutenkonsum beobachtet. Eine Besserung des Gemütszustandes tritt meist schon nach wenigen Tagen Diät ein. Zudem sind sehr starke Verhaltensauffälligkeiten in der Pubertät sowie das verdoppelte Früh- oder Fehlgeburtsrisiko durch eine glutenfreie Diät vermeidbar. Grundsätzlich stärkt bei Zöliakiebetroffenen eine Diät das Immunsystem, verbessert so die Lebensqualität und erhöht die Lebenserwartung.

Die meisten glutenhaltigen Produkte sind paradoxerweise Lebensmittel, die eigentlich kein Gluten enthalten müssten. Gluten ist leider für die Nahrungsmittelindustrie ein universales, billiges Bindemittel oder auch ein Trägerstoff für Gewürze und wird daher in allen möglichen Produkten verwendet. Deshalb sollten Sie für eine glutunfreie Diät immer genau auf die Zutatenliste achten.

Glutenfreie Nahrungsmittel

Grundsätzlich sollte man davon ausgehen, dass sämtliche Nahrungsmittel in ihrer Rohform (außer den genannten Getreidearten) kein Gluten enthalten und dies erst bei einer industriellen Weiterverarbeitung zugefügt wird.

  • alle Sorten Obst
  • alle Sorten Gemüse
  • glutenfreie Getreide (z. B. Mais, Reis, Hirse, Buchweizen)
  • Kartoffeln
  • Maniok
  • Quinoa
  • Amaranth
  • Sesam, Sonnenblumenkerne, Leinsamen, Hanfsamen
  • Honig
  • Kakao, Kaffeebohnen
  • rohes, ungewürztes Fleisch
  • Milch und reine Milchprodukte (z. B. Naturjoghurt, Kefir, Quark)
  • einige Käsearten (Käse ist nicht immer glutenfrei)
  • Nüsse und Mandeln, die nicht mehliert wurden
  • reine Gewürze (VORSICHT bei Gewürzmischungen)
  • Essig und die meisten Öle (Weizenkeimöl ist NICHT glutenfrei)

Eine aktuelle Liste glutenfreier Lebensmittel gibt die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft regelmäßig an ihre Mitglieder heraus (siehe auch www.dzg-online.de).

Glutenhaltige Nahrungsmittel

  • Weizen
  • Bulgur
  • Dinkel
  • Einkorn
  • Emmer
  • Kamut
  • Roggen
  • Hafer
  • Gerste
  • Grünkern (unreif geernteter Dinkel)
  • Triticale (eine Weizen-Roggen-Kreuzung)
  • Wildreis (nahe Verwandtschaft zu Hafer, normaler Reis ist unbedenklich)
  • Brot, Brötchen, Kuchen, Kekse
  • Pizza
  • Nudeln aus Hartweizengries
  • Frühstücksflakes
  • Haferflocken
  • Müsliriegel
  • panierte Lebensmittel (z. B. Wienerschnitzel, Fischstäbchen)
  • Grießbrei, Grießknödel und andere Grießprodukte
  • Bier
  • fertige Süßspeisen
  • mehlhaltige Soßen
  • Kartoffelprodukte (Pommes frites, Kartoffelchips, Klöße, Kroketten und Kartoffelbrei)
  • Reiswaffeln und Reispops
  • aromatisierte oder eingedickte Milchprodukte (Fruchtjoghurts, Eis, Vanillesoße etc.)
  • Stärke so wie modifizierte Stärke
  • Hefe und Backpulver
  • Traubenzucker
  • Marmelade
  • glutamathaltige Produkte (Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat)
  • Trockenfrüchte und mehlierte Nüsse
  • Gewürze und Gewürzmischungen
  • Fleischprodukte und Wurst
  • aromatisierte Getränke, Säfte, Energiedrinks, Instantkaffees

Diese Aufzählung ist sicher unvollständig und soll lediglich verdeutlichen, dass Weizen bzw. Gluten in vielen Nahrungsmitteln vorkommen kann.