Fazien können die Ursache für bislang unerklärbare Krankheiten und Schmerzen sein.
Faszien sind ein etwa 0,3 bis 3 Millimeter dünne, feinmaschig vernetzte weiße Bindegewebsfasern, die alles im Körper umhüllen: Organe, Muskeln, Knochen, Sehnen und sogar Blutgefäße, Nerven und das Gehirn. Nachdem sie medizinisch lange Zeit wenig Beachtung fanden, sind Faszien heute in aller Munde, weil sie mittlerweile als Ursache bislang unerklärbarer Krankheiten und Schmerzen gelten.
In der Osteopathie und auch bei anderen alternativen Heilmethoden wie etwa dem Rolfing ist die Bedeutung der Faszien für Gesundheit und Wohlbefinden schon länger ein Thema. Bereits der Begründer der Osteopathie, Andrew Taylor Still, konzipierte seine Behandlungsmethode aus der festen Überzeugung heraus, dass sich alle körperlichen Strukturen und Systeme gegenseitig beeinflussen. Der Faszienforscher und frühere Rolfingtherapeut Dr. Robert Schleip hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass diese Zusammenhänge nun endlich entschlüsselt und künftig stärker in therapeutische Überlegungen einbezogen werden.
Aufgaben der Faszien
Fazien vernetzen den gesamten Körper und haben somit Einfluss auf alle Körperfunktionen.
Intakte, gleitfähige Faszien fungieren als eine Art elastischer Kleb- und Schmierstoff zwischen den Gelenken, Muskeln und Organen. So geben sie den Körperstrukturen gleichzeitig Form und machen sie gegeneinander beweglich. Faszien schützen die Muskeln vor Verletzungen und unterstützen den Körper bei der Fortbewegung.
Da die Faszien miteinander vernetzt sind und ein komplexes Bindegewebssystem bilden, können sie Spannungen und Unbeweglichkeiten auf andere, manchmal sogar weit vom Auslöser entfernt liegende Körperteile übertragen. Aus diesem Grund werden sie in verschiedenen Publikationen auch als „Geflecht der Gesundheit“ oder als „innerer Halt“ bezeichnet. Sie haben jedoch nicht nur Auswirkungen auf die Beweglichkeit:
Zwischen den Faszien wird die Lymphe mit den Aufbaustoffen und Abbauprodukten aus den Zellen abgeleitet. Wenn es durch Verspannungen zu einem Stau der Lymphe kommt, kann zum Beispiel der darin gelöste Blutgerinnungsfaktor Fibrinogen zu unlöslichem Fibrin gerinnen, das dann die Faszien miteinander verklebt.
Faszien sind außerdem ein Sinnesorgan: Da Faszien mit Nervenendigungen durchsetzt sind, wirken sie auch auf unser vegetatives Nervensystem, indem sie Informationen über Spannung, pH-Wert, Stoffwechsel etc. weiterleiten. Umgekehrt wirkt sich zum Beispiel Stress auf das Fasziensystem aus, indem er die Grundspannung der Faszien steigert. Dauerhafter Stress hat sogar zur Folge, dass in den Faszien dehnbare Elastinanteile durch zähe, dickere Kollagenfasern ersetzt werden, wodurch ihre Gleitfähigkeit verloren geht.
Aus dieser Bindegewebsverhärtung, die auch Triggerpunkt genannt wird, resultieren dann eine eingeschränkte Funktion der Muskulatur und langfristig schmerzende Gelenke. Auch die regulären Prozesse in Nerven, Blutgefäßen und Lymphbahnen können dadurch gestört werden. Schonhaltungen, Überlastung, Bewegungsmangel und leider auch Narben setzen oft den gleichen Veränderungsprozess der Faszien in Gang.
Narben blockieren Faszien
Fazien umkleiden den Körper wie einen Maßanzug
Eine Narbe am Körper ist wie ein Knoten in einem Hemd. Es entstehen Spannungen im gesamten System.
Ausschlaggebend für die Bedeutung von Narben für das Fasziensystem ist ihre Beweglichkeit. In vielen Fällen ist die Narbe stark an das darunter liegende Fasziengewebe angeheftet oder mit diesem verklebt. Bei der Narbenbildung sind solche Verklebungen häufig eine Folge von Einblutungen ins Gewebe mit einer starken Fibringerinnung.
Bei diesen Verwachsungen und Verklebungen lassen sich die einzelnen Gewebsschichten nicht mehr gegeneinander verschieben. Das kann die Nervenendigungen reizen und so zu Schmerzen oder Taubheitsgefühl in der Narbe oder in daran angrenzenden Bereichen führen. Zudem wird dadurch der Bewegungsspielraum der Muskultur und Gelenke eingeschränkt. Daraus ergeben sich wiederum die genannten Verspannungen und eine gestörte Körperstatik.
Am besten kann man sich die Auswirkungen von Narben auf die fasziale Spannung und damit auf Beweglichkeit des Körpers am Beispiel eines Knotens im Hemd veranschaulichen: Beim Hemdknoten auf der Brust ist die Beweglichkeit von Schulter, Halswirbelsäule und Beckenwirbelsäule stark eingeschränkt. Dies zwingt automatisch zu schädigenden Schon- und Kompensationshaltungen des Körpers.
In der Ausgabe 2/2015 widmet das GEO Magazin dem Thema Faszien einen ausführlichen Artikel. Darin wird indirekt Carla Stecco zitiert, Professorin für Anatomie in Padua und eine ausgewiesene Faszien-Spezialistin. Sie kommt darin ebenfalls zu dem Schluss, dass Narben erheblichen Einfluss auf das Fasziensystem haben:
„Die inneren Wunden verheilen oft schlecht, es entstehen schlimme Verwachsungen, die noch Jahre später für Probleme sorgen. Denn Narben errichten häufig regelrechte Mauern aus Bindegewebe. Diese Barrieren, glaubt die Anatomin, könnten im Prinzip die Ursachen vieler Krankheiten sein – in ihnen liege aber auch das Potenzial, ebendiese zu heilen.“ (Vgl. GEO Magazin, Ausgabe 2/2015, Seite 102/103).
Wenn man sich die möglichen Auswirkungen von Narben auf das Fasziensystem vergegenwärtigt, werden auch die vielen indirekten Folgen nachvollziehbar: Narben können die unterschiedlichsten Kettenreaktionen im menschlichen Körper auslösen, die fast immer mit Schmerzzuständen enden. Im folgenden Kapitel geht es im Detail um diese vielfältigen Beschwerden.
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